Wie alles begann...
Die Wurzeln der Fakultät für Bauingenieurwesen an der Hochschule München gehen fast zweihundert Jahre zurück:
1822 Gründung der Münchner Baugewerkschule
1909 Übergang in die Staatliche Bauschule München, die spätere Staatsbauschule München.
1924 Eröffnung der Höheren Technischen Lehranstalt der Stadt München (später Oskar von Miller-Polytechnikum).
1971 Gründung der Fachhochschule München als Nachfolger der Ingenieurschulen und einigen höheren Fachschulen. Wie damals üblich, wurden die vorhandenen Ausbildungseinrichtungen zu einer FH verbunden, nämlich:
• das städtische Oskar von Miller-Polytechnikum
• die Staatsbauschule München, Akademie für Bautechnik
• die Höhere Wirtschaftsfachschule München
• die (bis dahin private) Ingenieurschule Bohne
• die Höhere Fachschule für Jugend- und Sozialarbeit
• die Höhere Fachschule für Sozialpädagogik
• die Abteilung für Gebrauchsgraphik der Akademie für das Graphische Gewerbe
2007 Umbennung der "Hochschule für angewandte Wissenschaften - FH München" in "Hochschule München".
Fachbereich Architektur und Fachbereich Bauingenieurwesen mit langer Tradition
Der 1. Vorstand der Baugewerkschule war der königliche Baurat und Mitglied der königlichen Akademie der bildenden Künste Dr. Vorherr.
In einem Brief an das Ministerium des Inneren entwickelte er die vollständige Organisation der neuen Baugewerkschule aus dem die nachfolgenden Sätze auszugsweise stammen: "Das Bauwesen ist eine der wichtigsten Gegenstände im Staate und verdient alle Aufmerksamkeit ….. eine Baugewerkschule als ein Zweig des öffentlichen Unterrichtes wird zugleich beitragen, Kunstsinn und Gefühl für das Bessere und Schöne beim Volke zu wecken und dass öffentlicher und Privatnutzen ein Ziel der Architektur sei.“
Es folgen Vorschläge für das Lehrpersonal das "nichts kosten soll, weshalb der Unterricht als ein Teil der Geschäfte des Oberbaukommissariates betrachtet werden müsste“ und ein Lehrplan.
Der Bericht schließt dann mit den Worten:
"In allertiefster Ehrfurcht harrend Euer königlichen Majestät alleruntertänigster, treugehorsamster Vorherr“
Der geneigte Leser kann hier durchaus noch lernen, wie zukünftige Briefe an die Obrigkeit zu unterzeichnen sind!
Dr. Vorherr war darauf bedacht, durch Prämien den Fleiß und die Arbeitsfreude seiner Schüler anzuspornen.
Ab 1834 wurde von bemittelten Schülern ein Schulgeld von 4 Gulden erhoben.
Nach einer Aufstellung des Architekten Fladt von 1824 war der gesamte monatliche Aufwand eines Bauschülers im Durchschnitt mit 9 Gulden und 25 Kreuzer gedacht, wobei das mehr als spartanische Frühstück aus einem „Schluck Wasser“ bestehen sollte und das Schriftstück u.a. folgenden Eintrag enthielt: “Ich habe gefunden, dass im Monat ein reines Schnupftuch vollkommen ausreicht, um den Forderungen der Reinlichkeit Folge zu leisten, hierzu wähle man eine dunkle Farbe des Schnupftuches. Das Reinigen der Kleider und Putzen der Stiefel kann wohl jeder, der sparen muss, selber tun. Schließlich müssen alle Gegenstände, die nicht als reines Bedürfnis anzusehen sind, ohnehin wegfallen. Hierunter vorzugsweise das Tabakrauchen und das Schnupfen, alle belustigenden Spiele, sowie auch Besuche der Tanzplätze und Theater.“
Die Baugewerkschule
Die Baugewerkschule erfreute sich allmählich eines ausgezeichneten Rufes.
1841 besuchten 155 Schüler, darunter 44 fremde, die Schule (lt. Bericht der Münchner Politischen Zeitung vom 2. April 1841). Nach ihrem Vorbild wurden Baugewerkschulen in Athen und St. Petersburg errichtet.
1845 zog die Schule vom Hofwaisenhaus am Kreuz in ein Haus in der Kaufinger Straße Nr. 8.
1847 starb Dr. Vorherr und der königl. Oberbaurat Carl A. Reuter wurde sein Nachfolger als Vorstand der Baugewerkeschule.
1852 war die Einführung eines 2. und 3. Kurses zu verzeichnen, wobei "durch passenden Wechsel der Lehrgegenstände Übermüdung und Anspannung verhütet werden sollte.“
1877 erfolgte der Umzug in das Haus Gabelsberger Straße 123.
1883 wurde ein 4. Kurs angegliedert und das Lehrprogramm umfasste die folgenden Kurse:
1. Mechanik mit Übungen 5 h
2. Baumaschinenlehre und mechan. Technologie 2 h
3. Chemische Technologie 3 h
4. Entwerfen mit Übungen 28 h
5. Baustillehre 2 h
6. Brücken-, Straßen- und Wasserbau 12 h
7. Feuerlöschwesen 1 – 2 h
Wochenstunden insgesamt 55 h
Ab 1920 wurde eine Hoch- und Tiefbauabteilung geführt, wobei im 1. und 2. Kurs der Unterricht gemeinsam erfolgte, im 3. – 5. Kurs aber getrennte Abteilungen für Hoch- und Tiefbau bestanden.
Nach 1945 war die Staatsbauschule provisorisch in der Gisela-Oberrealschule am Elisabethplatz untergebracht.
1954 - 56 erstand nach den Plänen der Arbeitsgemeinschaft der Architekten Adolf Peter Seifert, Rolf ter Haerst und Franz Ruf wieder ein eigenes Gebäude an der Ecke Barer/ Karlstraße, das als kompromisslos moderner Flachdachbau zu den bemerkenswerten Beispielen zeitgenössischen Bauen in München gezählt wurde.
1968- 70 wurde der architektonisch gleichartige zweite Baublock hinzugefügt, in dem die Fakultät für Bauingenieurwesen bis heute untergebracht ist.
Literatur:
100 Jahre Bayerische Bauschule München 1822 - 1922 (Druck von Knorr und Hirth GmbH München)
Habel, Hallinger, Weski Denkmäler in Bayern- Landeshauptstadt München Mitte Münchner Politische Zeitung vom 2.4.1841